Kreis Belgard

Bildquelle: Heimatkreis-Belgard-Schivelbein

Der Landkreis Belgard, bis 1939 noch Kreis Belgard, war bis 1945 ein preußischer Landkreis in Hinterpommern. Kreisstadt war die gleichnamige Stadt Belgard an der Persante. In Hinterpommern, das seit 1648 zu Brandenburg-Preußen gehörte, wurde 1724 eine Kreisreform durchgeführt. Die Zahl der Kreise und zugehörigen Landräte wurde fühlbar reduziert, um die starke territoriale Zersplitterung zu verringern, die durch die komplizierten adligen Besitzstände in Hinterpommern entstanden war.

Die damals bereits bestehenden Kreise Belgard und Polzin wurden mit Wirkung zum 1. Januar 1725 zu einem Kreis zusammengeschlossen, der im damaligen Sprachgebrauch als Belgard-Polzinscher Kreis bezeichnet wurde. Der Kreis umfasste die Städte Belgard und Polzin, das königliche Amt Belgard sowie eine größere Anzahl von adligen Dörfern und Gütern.

In Folge der preußischen Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 wurde der Kreis Teil des Regierungsbezirks Köslin in der Provinz Pommern. Bei der pommerschen Kreisreform von 1818 kamen die beiden bis dahin zum westpreußischen Netzedistrikt gehörenden Dörfer Brutzen und Groß Poplow zum Kreis hinzu, der nunmehr nur noch nach seiner Kreisstadt als Kreis Belgard bezeichnet wurde. Im Jahr 1828 wurden die Dörfer Jagertow und Kollatz (bis dahin in Kommunion der Kreise Belgard und Neustettin) vollständig in den Kreis integriert.
Zum Kreis Belgard gehörten 1871 die Städte Belgard und Polzin, 73 Landgemeinden und 95 Gutsbezirke. Zum 30. September 1929 fand im Kreis Belgard wie im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der alle selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden.

Das Kreisgebiet in einem Ausschnitt auf einer Landkarte Pommern von 1905, Quelle: Wikipedia, Scan made by Kogo / Public domain

Der Kreis Belgard umfasste 1910 eine Fläche von 1132 km².Bei der preußischen Kreisreform vom 1. Oktober 1932 wurde der Kreis deutlich vergrößert:
Bis auf die drei Gemeinden Labenz, Nuthagen und Rützow wurde der aufgelöste Kreis Schivelbein in den Kreis Belgard eingegliedert.
Aus dem aufgelösten Kreis Bublitz kam der Amtsbezirk Neu Buckow, bestehend aus den drei Gemeinden Groß Satspe, Klein Satspe und Neu Buckow, zum Kreis Belgard.
Im weiteren Verlauf der 1930er Jahre wurde die Kreisbezeichnung Belgard (Persante) eingeführt.

Zum 1. Januar 1939 erhielt der Kreis Belgard (Persante) entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis. Im Landkreis lebten im Jahre 1939 insgesamt 79.183 Einwohner auf einer Fläche von 1649,49 km² bei einer Bevölkerungsdichte von 48 Einwohnern/km². 48 Prozent der Bevölkerung lebten in den drei Städten Belgard (16.456), Bad Polzin (6920) und Schivelbein (9714). Flächenmäßig war der Landkreis der viertgrößte in der Provinz Pommern, bevölkerungsmäßig stand er an fünfter Stelle.
Im Frühjahr 1945 wurde der Landkreis von der Roten Armee besetzt. Nach Kriegsende wurde das Kreisgebiet im Sommer 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht unter polnische Verwaltung gestellt.

Religion:
Die Bevölkerung im Landkreis Belgard (Persante) gehörte seit der Reformation fast vollständig zum evangelischen Glauben. Zu ihm bekannten sich bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 96,6 Prozent der Einwohner. Der Anteil der römisch-katholischen Christen betrug 1,4 Prozent und

Die evangelische Kirche:
Die Kirchengemeinden im Landkreis gehörten zur Kirchenprovinz Pommern der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union. Im Gebiet des Landkreises gab es zwei Kirchenkreise, nämlich Belgard und Schivelbein, deren Grenzen weithin mit denen der ehemaligen beiden Landkreise (vor 1932) übereinstimmten.
Mit den Kirchspielen Karvin, Kerstin und Körlin allerdings reichte er seit 1931 in den Landkreis Kolberg-Körlin hinein, nachdem der Kirchenkreis Körlin aufgehoben und die drei Gemeinden zum Kirchenkreis Belgard kamen. Andrerseits gehörten Groß- und Klein Satspe zum Kirchspiel Seeger im Kirchenkreis Köslin; Tietzow und Warnin wurden vom Pfarramt Schwellin im Kirchenkreis Bublitz betreut. Als im Zuge der Auflösung des Landkreises Schivelbein Labenz, Nuthagen und Rützow zum Landkreis Dramburg kamen, verblieben die Kirchspiele Labenz und Rützow allerdings beim Kirchenkreis Schivelbein, wohingegen Schlenzig zu Petershagen im Kirchenkreis Kolberg und Ritzig zu Wusterwitz im Kirchenkreis Dramburg kamen.
Mit 58 750 Gemeindegliedern war der Kirchenkreis Belgard einer der größten der Provinz. Er umfasste 18 Kirchengemeinden (Kirchspiele) mit 19 Filialgemeinden bei 22 Pfarrern, 39 Kirchen und vier Kapellen.
Der Kirchenkreis Schivelbein hatte bei 26 689 Gemeindegliedern 13 Kirchengemeinden (Kirchspiele) mit 21 Filialgemeinden, 14 Pfarrern und 34 Kirchen.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges schwand die Zahl der Deutschen und damit auch der evangelischen Christen auf ein Minimum. Sie werden vom Pfarramt in Köslin betreut und gehören zur Diözese Pommern-Großpolen der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen. In der nun der polnischen katholischen Kirche gehörenden Belgarder Georgenkirche finden regelmäßig evangelische Gottesdienste in polnischer und auch in deutscher Sprache statt.

Katholische Kirche:
In den ersten Jahrhunderten nach der Reformation gab es im Belgarder Raum praktisch keine Katholiken. In der Mitte des 19. Jahrhunderts noch wird berichtet, dass die wenigen katholischen Christen im Belgardschen Kreis von Zeit zu Zeit durch Geistliche der katholischen Gemeinde in Köslin oder Kolberg betreut wurden.
Von 1887 an wurden in Belgard Heilige Messen in einem Gasthaussaal gelesen. Kirchbaupläne zerschlugen sich. Im Jahr 1915 trat in Belgard der erste katholische Geistliche nach der Reformation sein Amt an. In einem Wagenschuppen eines Schmiedemeisters bot sich ein Raum an, der als Notkirche ausreichte.
Am 12. November 1920 fand dann endlich die Grundsteinlegung einer neuen Kirche statt, und schon am 16. Dezember 1920 wurde Richtfest gefeiert. Nachdem die Pfarrwohnung am 25. Juli 1921 bezogen werden konnte, fand die feierliche Weihe der neuen Kirche an der Pankniner Straße am 24. August 1921 statt. 1925 zählte die Gemeinde 300 Gemeindeglieder.
Im Sommer 1945 wurden die Marienkirche und die Georgenkirche in Belgard der polnischen katholischen Kirche zugeeignet. Die kleine Kirche an der Pankniner Straße wurde nur noch als Gemeinde- und Pfarrhaus genutzt.
In Schivelbein mit einem Einzugsbereich bis Dramburg und Rummelsburg wurde 1863 ein eigener Seelsorger eingestellt. Als Kapellenraum diente eine im Jahr 1858 angemietete Privatwohnung. 1868 trat an die Stelle der Mietkapelle ein eigenes Missionshaus mit Kapelle, Schule und Wohnung unter einem Dach. 1883 blieb die Gemeinde wegen Priestermangels wieder sich selbst überlassen, von Kolberg und Köslin aus wurden sporadisch Messen gehalten.
Erst im Jahr 1900 erhielt die Gemeinde wieder einen eigenen Seelsorger. Schivelbein selbst zählte unter 7 700 Einwohnern damals 29 Katholiken. Im Jahr 1925 waren es 50 Schivelbeiner bei 400 Gemeindegliedern der gesamten Pfarrei.

Jüdische Kulturgemeinde:
Im Jahr 1826 wurde in der Belgarder Jägerstraße eine Synagoge gebaut. Bis zum Ersten Weltkrieg gab es weder offenen noch versteckten Antisemitismus. Das änderte sich in den 1920er Jahren. Als während des Kapp-Putsches in der Heerstraße der Sohn des Bäckermeisters Klotz erschossen wurde, behauptete man, der Todesschuss sei aus einem jüdischen Haus, dem des Herrn Moses, gekommen. Erst allmählich trat nach diesem Ereignis wieder Ruhe ein.
Die Gemeinde hatte im Jahr 1933 etwa 130 Mitglieder. Am 1. April 1933 wurde ein Boykott-Tag proklamiert, vor sämtlichen jüdischen Geschäften zogen SA-Leute auf. Doch gab es damals auch immer wieder Sympathiekundgebungen für die Juden. Diese konnten den Gang der Geschichte allerdings nicht aufhalten.

Verkehr:
Belgard und die ehemalige Kreisstadt Schivelbein waren bereits im Jahr 1859 durch die Strecke Stargard–Köslin der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft miteinander verbunden worden (111), außerdem ging gleichzeitig in Belgard mit der 111n eine Zweigstrecke nach Kolberg.
Ebenfalls vom Knotenpunkt Belgard ging 1878 eine Strecke der Preußischen Ostbahn nach Gramenz–Neustettin ab (111n). Die Preußischen Staatseisenbahnen führten 1896/97 von Schivelbein eine Nebenbahn nach Bad Polzin (111m); von dort wurde diese 1903 einerseits nach Gramenz und andererseits nach Falkenburg weitergebaut (111k+m).
Die Kreisstadt Belgard wurde schließlich noch Ausgangspunkt zweier Schmalspurbahnen, die von den „Vereinigten Kleinbahnen der Kreise Köslin, Bublitz, Belgard“ im Jahr 1905 nach Schwellin im Kreis Köslin und 1909 nach Rarfin in Betrieb genommen wurden (113v+w).

(Quelle: Wikipedia, Landkreis Belgard an der Persante)

Hatte das Kreisgebiet 1797 noch etwa 16700 Einwohner, waren es 1939 bereits rund 77000.
Mit der Befreiung Nazi Deutschlands zog von Osten aus die Rote Armee in das Deutsche Reich. In den frühen Märztagen 1945 wurde auch der Kreis Belgard von den Sowjets eingenommen. Wer noch fliehen konnte floh, wer es nicht rechtzeitig über die Oder nach Westen schaffte, musste in seine Behausung zurückkehren und unter russischer und später unter polnischer Verwaltung leben. Ohne hier in dem Beitrag näher darauf eingehen zu wollen, begann für die deutsche Bevölkerung von 1945 – 1947 eine schlimme Zeit, verbunden mit Verlusten, Entbehrungen, Verschleppungen und Gewalt-und Gräueltaten. Schätzungsweise kann man davon ausgehen, einzelne Quellen belegen dies, dass über 10.000 Menschen des Landkreises Belgard infolge des 2. Weltkrieges und seinen Auswirkungen den Tod fanden. In den Jahren 1946, 1947 und vereinzelt danach, erfolgten die Ausweisungen. Die Deutsche Geschichte des Landkreises endete hiermit. Hinterpommern und somit der ehemalige Landkreis Belgard gehören seitdem zur polnischen Woiwodschaft Westpommern mit den Powiaten Białogardzki und Świdwiński.