Ein Abriss zur Geschichte der Brauerei FUHRMANN

Ein Abriss zur Geschichte der Brauerei FUHRMANN

Bier aus Bad Polzin !

     

 

Zur Familie FUHRMANN

Gründer der Brauerei im Jahre 1825 war Johann FUHRMANN. Er starb vor 1874 in Polzin Kreis Belgard und war verheiratet mit einer Frau PISKE. Sein 1814 in Kiekow, Kreis Belgard geborener Sohn, Carl Johann Heinrich Wilhelm FUHRMANN (*1814 – † 1894), führte die Brauerei bis in die 1880er Jahre. Seine Ehefrau war die aus Wangerin stammende Ottilie Albertine Auguste NEUBAUER. (*1827 – † 1908). Bereits bei seiner Heirat im Jahre 1887, wird deren Sohn, Otto Hermann Alexander FUHRMANN, (*1858 – † 1925), als Brauereibesitzer genannt. Er war mit der Posthaltertochter Wilhelmine Hulda Bertha Marie SCHÖNEMANN, (*1864 – † 1931), verheiratet. Aus dieser Ehe gingen 6 Kinder hervor. Der am 22.06.1890 geborene, Carl Wilhelm Ferdinand FUHRMANN, übernahm die Brauerei seines Vaters im Jahre 1925. Er erlernte das „Bierbrauen“ in der ältesten Bierbrauerei der Welt, der Staatsbrauerei Freising-Weihenstephan (Bayern).

Carl Fuhrmann in den 1970er Jahren

 

Nachruf auf Carl FUHRMANN

„Eine Persönlichkeit, unser Carl FUHRMANN, ist im Alter von fast 92 Jahren am 02. Februar 1982 für immer von uns gegangen. Aus alter pflicht-und traditionsgebundener Familie entstammend, hat er nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1925 mit 35 Jahren den Brauereibetrieb übernommen.

Er war der Urtyp eines Unternehmers, eine Führungspersönlichkeit, ein Patriarch, der mit Verantwortungsbewusstsein seine Aufgaben übernahm.

Ein kurzer Abriss seines Lebens, zur Erinnerung für alle Bad Polziner. Im Jahre 1825 gründet der Urgroßvater im Hause Bärwalder Straße, in dem dann später der „Major“ PETERS und der Tierarzt OTT wohnten, eine Bierbrauerei.

Die Tüchtigkeit und Weitsichtigkeit des Urgroßvaters ließ bald an der uns allen bekannten Stelle, der Bärwalder Chaussee und Hospitalstraße, diesen für die damalige Zeit fortschrittlichen Betrieb entstehen.

Durch die Klugheit des Vaters, kam es im Jahre 1899 zu einem Belieferungsauftrag für Wasser (Leitungswasser) und am 05. Oktober 1908 zu einem Belieferungsvertrag, auch auf 99 Jahre, für elektrischen Strom für die Stadt Bad Polzin.

Diese beiden Verträge waren eine gute wirtschaftliche Ausgangslage für den gesamten Betrieb. Ein weiterer für die spätere Entwicklung entscheidender Entschluss war es, eine eigene Mälzerei zu bauen und sich so unabhängig von äußeren Einflüssen zu machen.

Diese Voraussetzungen vorfindend, übernahm Carl FUHRMANN 1925 den Betrieb von seinem Vater. Der „exzellente Fachmann“, Braumeister alter Weihenstephaner Schule, der weitsichtige Kaufmann und Unternehmer hatte hier das rechte Werkzeug, um seine Ideen der „vermenschlichten Arbeitswelt“ in die Tat umzusetzen.

Bilder vom Inneren der Brauerei

Nach dem Motto: „Was du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“, baute er den Polziner Betrieb zum größten und modernsten Brauereibetrieb im Privatbesitz ganz Ostdeutschlands aus.

Bilder der Brauerei Fuhrmann und des Fuhrparks

Schon dies war eine große Leistung, für Carl FUHRMANN aber nur der selbstverständlichste Teil. Jährlich wurden laufend mindestens je 100.000 RM investiert, für Modernisierungen und Ausbauten, damit der Anschluss an die Zukunft nicht verpasst wurde. Ein Tag ohne „Maurer“ auf dem Hof, undenkbar.

Carl FUHRMANN war Beispiel in jeder Beziehung. Morgens um 5 Uhr der Erste, abends gegen 00 Uhr der Letzte, der dann noch einmal durch seinen ganzen Betrieb ging und nach dem Rechten sah. Sein Lebenswandel zeichnete sich durch persönliche Bescheidenheit aus. Auch er machte nur einmal im Februar/März Urlaub, in seinem geliebten Oetztal.

Das Bier, das seine Mitarbeiter brauten, erreichte dank der Polziner Kurgäste, fast Weltruf. Bei den jährlichen Wettbewerben des Brauereiwirtschaftsverbandes, schnitt das Bier seiner Brauerei immer hervorragend ab. Es gab viele zweite Plätze für das gute Polziner Pils, nach Pilsener Art gebraut und gleichfalls für die Vollbiere. Damit war für ihn das Ziel noch lange nicht erreicht.

Anzeige aus dem Jahr 1926

Er hatte es sich zum Lebensziel gesetzt, seinen Mitarbeitern ein Zuhause, den Familien einen festen Arbeitsplatz für die Zukunft zu schaffen und in seiner Heimatstadt für alle da zu sein.

Wer erinnert sich nicht an den so harten Winter 1929. Alle Wasserleitungen waren eingefroren und geplatzt. Die armen Leute hatten kein Heizmaterial, hatten kaum zu essen. Den Kindern fehlte die Milch. Wer half sofort? – Carl FUHRMANN !

Die Menschen kamen ohne Scheu zu ihm, unserem Carl FUHRMANN, so nannten sie ihn. Sie bekamen Wasser, Heizmaterial, Lebensmittel und Milch, selbstverständlich ohne jede Bezahlung.

Die Brauerei bewirtschaftete noch ca. 600 Morgen Eigenland und hatte auch Kühe etc. Auch die Stadt Bad Polzin hatte ihm viel zu verdanken. Denken wir nur an die Straße vom Schweinemarkt durch den alten Friedhof zum Bahnhof, den Ausbau des neuen Sportplatzes, des Freibads usw.

Im Jahre 1939 betrug der Bierausstoß der Brauerei etwa 68000 Hektoliter.

Sein Ziel aber war, ich sagte es schon, seinen gesamten Mitarbeitern eine echte bodenständige Heimat zu geben. So stellte er sein Land und Geld zur Verfügung und baute in Zusammenarbeit mit der Pommerschen Provinzial Lebensversicherung für seine Mitarbeiter bis zum Jahre 1945 etwa 50-60 Eigenheime.

Gemeindehäuser in Bad Polzin

Sie haben richtig gelesen, Eigenheime! Jeder Mitarbeiter zahlte monatlich 24,50 RM und konnte nach 30 Jahren dieses Haus sein „Eigen“ nennen. Es waren Doppelhäuser, mit Hof, Stall und einem ½ Morgen Land. Das kann man für einen Betrieb dieser Größenordnung eine einmalige Leistung nennen.

Damit aber nicht genug. Eine von ihm getragene betriebliche Altersversorgung zahlte an jeden Pensionär die gleiche Summe aus, die dieser von der Invaliden-oder Angestelltenversicherung erhielt.

 

Haustrunk gab es kostenlos für jeden Pensionär bis ans Lebensende. Ein Urlaubsgeld wurde schon damals von Carl FUHRMANN mit der Auflage gezahlt, nur derjenige bekommt es, der seinen Urlaub außerhalb von Bad Polzin verbringt. Nur so kann sich der Mensch richtig erholen, war seine Meinung.

Am Jahresende bekam jeder Mitarbeiter einen Bonus. Jede Aktiengesellschaft zahlt jährlich an die Aktionäre nach dem Geschäftsverlauf eine Dividende. Carl FUHRMANN zahlte diese seinen Mitarbeitern auch. Das angelegte Kapital seiner Mitarbeiter, war deren Arbeitskraft. Und so berechnete er dieses Kapital, der Jahresverdienst, z.B. 3.000,-RM, macht bei 8% Dividende, einen Bonus von 240,-RM. „Ein schönes Weihnachtsgeschenk.“

Dies war eine klare, nüchterne, kluge, menschliche Überlegung eines echten Unternehmers. Carl FUHRMANN brauchte in seinem Betrieb keine Aufpasser, keine Denunzianten. Jeder Mitarbeiter war tätig, man musste ihn wieder antreiben, noch ihn Sorgfalt und Sparsamkeit im Umgang mit den ihm anvertrauten Materialien anhalten.

Auch das Feiern wurde nicht vergessen. Eine repräsentative Festhalle gab den internen Feiern ein festliches Gepräge und die sommerlichen Betriebsausflüge nach Draheim, waren für alle Mitarbeiter ein bleibendes Erlebnis. Frau Erna FUHRMANN stand selbst an der Gulaschkanone, kochte das Essen und gab es auch selbst aus.

So war der Kreis geschlossen, die Familie vollkommen und ihr Oberhaupt war Carl FUHRMANN. War das nicht ein gesundes Modell für eine gesunde Wirtschaft? C.F. brauchte keine betriebliche Mitbestimmung, kein Hineinreden Betriebsfremder. Er war der Vater und er sorgte für seine Familie.

Belegschaft der Brauerei im Jahre 1936

Das Schicksal nimmt seinen Lauf. Der politische Horizont verdunkelt sich. C.F. erkennt, dass böse Zeiten auf unser Volk zukommen. Neu-Gasthof, ein Rittergut bei Schivelbein, steht im Januar 1939 zum Verkauf. Carl FUHRMANN kauft dieses Gut von ca. 2400 Morgen, davon ca. 1200 Morgen Wald und 1200 Morgen Acker und dazu noch Brennrechte. Er kauft dieses Gut nicht, um Gutsbesitzer zu sein, nein, er kauft es, um schon jetzt vorzusorgen für eine Notzeit, die er kommen sieht, damit er dann helfen kann.

Das Privathaus der Brauerei
Anzeige aus dem Jahr 1940

Der Krieg begann.

Es wurden sofort Gulaschkanonen gekauft und in der Brauerei aufgestellt, damit für die Mitarbeiter gekocht werden konnte. Die Gefangenen, die auf Neu-Gasthof und in der Brauerei arbeiteten, wurden genauso behandelt, wie jeder andere Mitarbeiter auch. Diese Gefangenen kamen sogar als erste in den Genuss, bestens aus den Gulaschkanonen versorgt zu werden. Die Sprüche, Anwürfe und sogar Verbote durch die Partei, ignorierte er. „Wer bei mir arbeitet, muss auch gut zu essen haben.“ Er machte nie einen Unterschied. Der Krieg ging seinem Ende entgegen.

Die Russen besetzten Bad Polzin. Wo nahmen die Menschen Zuflucht? In der Brauerei, in den Malztennen.

Weil sich C.F. immer als Mensch gezeigt hatte, behandelten ihn auch die Russen, entsprechend den Verhältnissen und obwohl sie das herrliche Wohnhaus zerstörten, fast ehrenhaft. Da er auch als Fachmann sofort erkannt wurde, durfte er, vielmehr musste er, seinen eigenen Betrieb für die Russen weiterführen. Im September 1945 verschleppte man ihn auch nach Liegnitz, wo er dann noch gut 8 Jahre die dortige Stadtbrauerei für die Russen führen musste. Er blieb in der Heimat, bis man ihn vertrieb.

Dann kam C.F. über Wien in die Bundesrepublik Deutschland, wo er in Alpen am Niederrhein gelebt hat.

Seine letzten Gedanken galten seinem Volk und Vaterland, seiner Heimatstadt Bad Polzin. Wir werden ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren. Carl Fuhrmann starb am 02.02.1982 in Westdeutschland.

 

Pfarrer PAUST aus Bad Polzin, ein beliebter und geehrter Pastor, schrieb zu Ehren von Carl FUHRMANN, ein Urenkel des Gründers der gleichnamigen Brauerei, zum Abschied im September 1945 folgende Zeilen:

Abschied

So lässt man alles nun zurück,

Was man geliebt hat.

Ein letzter Gruß, ein letzter Blick

Gilt dir, du alte Stadt.

 

Ein Bauwerk strebt gar stolz empor,

Winkt mir zum letzten Mal…

Mir klingt das Summen noch im Ohr

Aus dem Maschinensaal…

 

Wahrzeichen war es von Polzin,

Beherrscht des Städtchens Bild.

Als letztes grüßet der Kamin…

O Herz schlag nicht so wild!

 

Dort hab ich nun Jahr für Jahr

Geschafft von früh bis spät…

Was meines Lebens Inhalt war,

Nie aus dem Sinn mir geht.

 

Was einst der Ahn ganz klein begann,

Haben Vater fortgeführt.

Von ihnen übernahm ich´s dann,

Und hab mich sehr gerührt.

 

Mit welcher Freude habe ich

Es weiter aufgebaut!

Wie eine Burg so trotziglich

Es übers Städtchen schaut.

 

Das Werk, es wuchs von Jahr zu Jahr,

Gab vielen, vielen Brot,

Bot vielen Schutz in Feindgefahr

Und Hilfe in der Not.

 

Es steckt darin manch Tropfen Schweiß,

Manch sorgenvolle Nacht…

Doch deutscher Geist und deutscher Fleiß

Hat es so hochgebracht…

 

Jetzt geht es fort – ein schwerer Schritt!

Aus Heimat, Werk und Haus…

Gehen unsre Herzen mit euch mit

Weit in die Welt hinaus.

 

So lasset alles Ihr zurück

Was Euch das Leben war…

Ein letzter Gruß , ein letzter Blick…

Gott schütz´ Euch immerdar!

 

Gott geb´ Euch beiden das Geleit

Halt Euch in seiner Hand

Und führe Euch am Ziel der Zeit

Ins Ew´ge Heimatland!

 

In herzlicher Dankbarkeit

Und mit den besten Segenswünschen

Für den Weg ins Ungewisse

 

Ihr sehr ergebener Hans PAUST, Pfarrer und Frau.

Bad Polzin, September 1945