Erinnerungen an einen Belgarder Brauereibesitzer
Aus der Belgarder Zeitung vom Freitag den 18. August 1933
„Vater“ KITTELMANN 80 Jahre alt !
Am heutigen Freitag vollendet Herr Brauereidirektor i.R. Gotthelf KITTELMANN sein 80. Lebensjahr. Das Geburtstagskind hatte den Wunsch, diesen Tag in aller Stille zu begehen. Er hatte aber nicht damit gerechnet, dass „Vater“ KITTELMANN zu einer der volkstümlichen Persönlichkeiten unserer Stadt gehört und dass die Hunderte seiner Freunde und Verehrer diesen Tag denn doch nicht „sang-und klanglos“ würden vorübergehen lassen.
Auf Veranlassung des Gemeindekirchenrats, dem das Geburtstagskind viele, viele Jahre bis zu seinem freiwilligen Ausscheiden angehört hat und in Gemeinschaft mit seiner „Liedertafel“ und der Kriegerkameradschaft, findet heute, Freitag, nachmittags 4 Uhr, im Gesellschaftshaus eine schlichte Andacht-und Konzertfeier statt, um dem Geburtstagskinde gemeinsam alle guten Wünsche für sein ferneres Wohlergehen zum Ausdruck zu bringen.
Wir persönlich wünschen „Vater“ KITTELMANN voll größter Aufrichtigkeit, dass es ihm noch recht lange vergönnt sein möge, in unserer Mitte zu weilen und sich an seinen Schöpfungen in der Natur und am Klange des von ihm unermüdlich gepflegten deutschen Liedes zu erfreuen.
Über seinen Werdegang gibt es folgendes zu berichten:
„Gotthelf KITTELMANN ist Schlesier. Sein Geburtsort ist das Dorf Rabishau (Kr. Löwenberg), wo sein Vater Landwirt war. 1867 starb der Vater und ließ mit der Mutter 14 Kinder zurück, von denen noch 9 unversorgt waren. 1868 kam Gotthelf KITTELMANN nach Friedeberg am Queis, um das Brauereifach zu erlernen.
In Görlitz legte er die Gesellenprüfung ab und begab sich dann auf Wanderschaft nach Sachsen, wo er in Löbau in der Brauerei Beschäftigung fand. Bald musste er seiner Militärpflicht bei den 5. Jägern in Görlitz nachkommen. Januar 1875 folgte er einem Ruf, an die Brauerei ASCHER nach Köslin zu kommen. Nach dortiger sechsjähriger Tätigkeit, ging er nach Polzin zur Brauerei Karl FUHRMANN.
1886 erwarb er die Brauerei in Pollnow, wo er die Kösliner Kunstgärtnertochter Louise WEIER heiratete. Schon 1892 kam KITTELMANN nach Belgard und wurde Mitinhaber der Brauerei „NOESKE u. KITTELMANN“.
1914 starb der Mitinhaber NOESKE und KITTELMANN leitete die Brauerei bis 1921, wo diese in den Besitz des Rückfortkonzerns überging und stillgelegt wurde. In Gotthelf KITTELMANN haben wir eine der volkstümlichsten Persönlichkeiten vor uns. Geworden ist er es durch eine dienende Hilfsbereitschaft auf den verschiedensten Gebieten. Im kirchlichen Leben, im Stadtholz, in den Anlagen bei der Kaserne und auf den Friedhöfen, spüren wir seine Wirksamkeit. Am innigsten und sinnigsten, ist er aber ein Diener des deutschen Liedes geworden.
Das Lied wurde seines Lebens Kern und Stern. Es wurde der Inhalt seines Lebens. Alle schweren Zeiten hat die Liedertafel durch ihn überstehen können. Zielbewusst, unterstützt von fleißigen Dirigenten, verstand er es, den Männergesang volkstümlich zu machen und dem Verein im Bunde und daheim eine beachtenswerte Stellung zu verschaffen. Von ihm ging der Gedanke aus, das Bundesbanner dort zu weihen, wo einst der Gedanke zur Gründung des Kösliner Sängerbundes geboren wurde, nämlich in Belgard.
Stets war er bestrebt, mit dem Liede zu dienen. Kein Sängerfest, kein Jubiläum eines Gesangvereins, ließ er unbesucht. So wurde er der überall gern gesehene „Vater KITTELMANN“ der Liebling aller hinterpommerschen Sänger. Das Lied hat ihn jung gehalten.“
Gotthelf und Louise KITTELMANN lebten in der Belgarder Kämpenstraße Nr.14. Im Jahr 1913 heiratete eine Tochter Emmy KITTELMANN den könglichen Regierungs-Baumeister Hermann OPITZ und zog zu ihm nach Posen. Im Jahre 1895 wird ein Sohn Erich KITTELMANN in Belgard geboren, über den es keine Informationen gibt. Am 19. August 1933 starb Gotthelf KITTELMANNS Ehefrau in Belgard, mit der er seit 1886 verheiratet war. Er selbst starb am 01. Februar 1942 in Belgard.